Mit dem Monat Januar begann das neue Jahr nach den positiven Eindrücken aus unserer Vernetzungsarbeit auf dem 31c3 mit einer Reihe neuer Projekte und Ziele. Erfreulicherweise bleib es nicht nur bei guten Vorsätzen.
Das Bündnis Privatsphäre Leipzig ist jetzt e. V.
Kurz vor nach dem Jahreswechsel wurden wir über die Eintragung unseres Vereins durch das Leipziger Amtsgericht informiert und dürfen uns nun als eingetragener Verein bezeichnen.
Die Eintragung als Verein zeigt: Wir beabsichtigen Kontinuität. Die Debatte über den Umgang mit Daten in einer vernetzen Welt verstehen wir als eine Aufgabe, die sowohl einer intensiven Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen betroffen Spannungsfeldern bedarf als auch mit einer ausdauernden Beschäftigung verbunden sein muss.
Zivilgesellschaftliches Engagement ist für uns ein fortlaufender Lernprozess, der uns als Gruppe natürlich auch Freude bereiten soll und bei dem wir Andere gern mitnehmen wollen. Schaut bei uns vorbei! Auch im neuen Jahr werden unsere Plenumssitzungen öffentlich sein. Interessierte sind herzlich eingeladen uns und unsere Arbeit kennen zu lernen.
taz.gespräch: Über Sirenenserver und Silcon Valley
Zu Beginn des Monats veranstaltete die taz ein Podiumsdiskussion im Neuen Schauspiel Leipzig. Obwohl der Titel „Zerstören Google & Co. die Welt?“ zunächst Google- und Facebook-Bashing befürchten ließ, waren in die geladene Gäste durchaus bemüht in der Diskussion die großen Netzkonzerne (»Sirenenserver«) nicht als Feindbilder zu stilisieren, sondern den tiefergehenden Prozess der Digitalisierung und der Wettbewerbskonzentration zu skizzieren.
In der breit angelegte Diskussion war es allerdings nur möglich, die Problemfelder kurz zu streifen. Forderungen und Handlungsoptionen blieben weitgehend vage und ein etwas zu starkes Gewicht wurde auf die Darstellung von Lobbyarbeit innerhalb des Silicon Valley gelegt. Immerhin einig war man sich bei der Feststellung, dass Massenüberwachung und die Bildung massiver Datensammlungen seitens der Konzerne kaum mit den Werten einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft vereinbar sein dürfte.
Direktlink: Zerstören Goolge & Co. die Welt auf vimeo
CryptoParty: Start des Sommersemsters 2015
Einen Tag später, am 14. Januar, startete unsere neue CryptoParty-Reihe mit „Der elektronische Briefumschlag“, – Asymmetrische Verschlüsselung, Passwörter und Passwort-Manager, E-Mail-Verschlüsselung mit PGP.
Erfreulicherweise war das Sublab bis zur letzten Minute unserer Veranstaltung gut besucht. Auch nach drei Stunden zu KeepassX und GnuPG waren die Anwesenden noch immer in Feedbackgespräche mit uns vertieft. Für uns ein Zeichen, dass einerseits der Bedarf für die Vermittlung von Grundkenntnissen, den Grenzen von IT-Sicherheit, zu Datenschutz und digitaler Selbstverteidigung gegen Massenüberwachung bisher ungebrochen ist, und anderseits, dass die Werkzeuge selbst benutzerfreundlicher werden müssten, um die Lernkurve für Endanwender*Innen zu reduzieren.
Unser neues „Semester“ wird bis zum Sommer Themenfeldern der CryptoParties aus dem vorherigen Jahr wieder aufgreifen. Im Juni werden werden wir uns in einer zusätzlichen CryptoParty ausschließlich mit alternativen sozialen Netzwerken und Clouds beschäftigen und mit den Anwesenden über deren Alltagstauglichkeit diskutieren.
Im Mai wird der sublab e. V. die CryptoCon15 ausrichten, bei der ein ganzes Wochenende lang Fragestellungen rund um Risiken und Grenzen von IT-Systemen und deren gesellschaftlichen Auswirkungen thematisiert werden sollen. Wir werden in diesem Jahr mit einem eigenen Veranstaltungsteil dazu beitragen.
Unser Ziel ist die Etablierung einer regelmäßigen, monatlichen CryptoParty. Dabei wollen wir ab diesem Semester zudem eine Diskussionsplattform anbieten, mittels der sich die Teilnehmer*Innen über die Parties austauschen können, Fragen stellen können und weitere Unterstützung angeboten werden kann.
Cryptowars 2.0 und Vorratsdatenspeicherung
Im Januar forderten führende Politiker und die Repräsentanten von Sicherheitsbehörden weitgehende Einschränkungen für Verschlüsselungshard- und -software. In der Verschlüsselungstechnik geht eine Einschränkung der Sicherheit – etwa durch Hinterlegung geheimer Schlüssel (key escrow) oder durch den gezielten Einbau von Hintertüren für Sicherheitsbehörden – jedoch mit untragbar hohen Risiken einher, welche die gesamte Sicherheitsarchitektur ins Wanken bringen.
Die Umsetzung dieser Forderung dürfte nicht nur jede Form von digitaler Selbstverteidigung gegen Massenüberwachung, die eigene Absicherung gegenüber Betrug oder Identitätsdiebstahl im digitalen Raum sondern auch den Quellenschutz für Journalisten (Stichwort: Whistleblower) zunichte machen. Nicht abschätzbar wären darüber hinaus die wirtschaftlichen Folgen, denn das Vertrauen in die Fälschungssicherheit einer jeden Online-Bestellung, jede Online-Banktransaktion, die derzeit verschlüsselt übermittelt wird, wäre von Anfang an unterminiert.
Die anhaltende Debatte wird in Anlehnung an ähnliche Auseinandersetzungen Anfang der 1990er Jahre bereits unter der dem Schlagwort CryptoWars 2.0 geführt. Sie lässt erahnen wie konträr sich die Einschätzungen von IT-Experten und die populistischen Forderungen seitens der Sicherheitsbehörden und der Politik gegenüberstehen. Wir als Bündnis schließen uns der Forderung des Chaos Computer Clubs an: Gesicherte, nicht kompromittiere Ende-zu-Ende-Verschlüsslung sollte gesetzlich vorgeschrieben werden, damit auch Endanwender*Innen im Netz den größten möglichen Schutz genießen können.
Auch die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung wurde erneut gefordert, obwohl diese massive Datensammlung bereits vom Bundesverfassungsgericht und vom Europäischen Gerichtshof (EuGh) in der aktuellen Ausgestaltung kassiert wurde und als unvereinbar mit europäischen Grundrechten gilt.
Das Versprechen höherer Sicherheit konnte die Vorratsdatenspeicherung bisher allerdings nicht erfüllen: In jenen europäischen Ländern, in denen die Vorratsdatenspeicherung bereits eingeführt wurde, konnten etwa Anschläge nicht verhindert werden.
Vorbereitungen zum Safer Intenet Day
Im Rahmen unserer überregionalen Vernetzungsarbeit entwickelten wir mit Akvist*Innen aus Berlin, Köln, Halle und Lübeck die Idee einer „Lesung gegen Überwachung“. Die dort vorgetragenen Texte sollen Massenüberwachung und gegenwärtige Sicherheitspolitiken im Zuge der Enthüllungen Edward Snowdens thematisieren. Die Lesungen sollen, so hatten wir im Januar verabredet, möglichst von lokalen Gruppen organisiert werden. Nach der Auswahl zu lesender Texte, machten wir uns auf der Suche nach Veranstaltungsraum und Vorleser*Innen und wurden schließlich Anfang Februar auch fündig.
Bereits im vergangen Jahr haben wir mit den Aktivist*Innen von #StopWatchingUs zusammengearbeitet. Die Lesung war nun das erste Projekt in größerem Rahmen. Wir freuen uns auf neue konstruktive Aktionen und Projekte. Für uns wollen wir allerdings auf mehr Vorlauf achten, um Zeit für die regionale Mobilisierung zu gewinnen.
Treffen zu Inhalten, Forderungen und Zielen
Gruppen-intern haben wir ab dem Monat Januar das zweite von hoffentlich noch zahlreichen Treffen zur Diskussion über Inhalte, Forderungen und Ziele durchgeführt und intensiv über den Privatsphärebegriff und dessen Bedeutung im Zeitalter der Digitalisierung des Alltags gesprochen. Sicherlich wird dies nicht das letzte Treffen gewesen sein, bei dem wir vertiefend über diesen Begriff sprechen werden.