Materialien
Hier ist der Link zu unserer Präsentation.
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Bedrohungsmodelle (threat models)
Bedrohungsmodelle ermöglichen die Einschätzung von Risiken, die durch die Nutzung digitalisierter Kommunikation entstehen können. Sie beschreiben Möglichkeiten von Angriffen und decken Verhaltensweisen oder Übertragungswege und -formen auf, die mit Risiken verbunden sein können. Dieses Wissen kann eine Hilfe sein, um die Grenzen und Möglichkeiten von technischen Lösungen wie Ende-zu-Ende-Verschlüsselung oder Transportverschlüsselung für den jeweilige Anwendungsfall besser einzuschätzen und eigenes Verhalten entsprechend anzupassen.
Die Folien zu dem Vortrag What the Hell is Threat Modelling Anyway? sind eine Einführung in die Konzeptualisierung von Risiken, die mit der Verwendung digitaler Kommunikationsmittel einhergehen.
Digitaler Schatten und Webtracking
Wenn wir digitale Dienste mit unseren PCs, Laptops oder Mobiltelefonen nutzen, hinterlassen wir – bewusst oder unbewusst – digitale Spuren. Wir surfen mit unserem Browser durchs Netz, rufen Webseiten auf, beschweren uns via Twitter, stellen Fotos auf Facebook, kommentieren YouTube-Video-Clips, bloggen, telefonieren oder schreiben Messages.
Unser Digitaler Schatten ist weitgehend unsichtbar. Mit My Digital Shadow stellt das Tactical Technology Collective ein nützliches Tool zur Verfügung, um das die anfallenden Daten sichtbar zu machen.
Die meisten Websites nutzen sogenannte Cookies um individuelle Informationen über Nutzer*Innen- abzuspeichern. Andere Seiten gehen weiter und setzen auf permanente Supercookies, die sich mit den Bordmitteln der Web-Browser nicht löschen lassen und in denen ganze Surfverläufe aufgezeichnet werden. Und schließlich gibt es noch Internetanbieter (ISPs), die an jeden Seitenabruf einen eindeutig identifizierbaren Fingerabdruck anhängen.
Onlinemedien und Werbeanbieter setzten eine Vielzahl sog. Tracker ein, um Besucher ihrer Seiten als werberelevantes Publikum zu identifizieren und ihre Bewegungen im Internet zu verfolgen. Das Projekt Trackography versucht die damit verbundene enorme Datensammlung durch Visualisierung greifbar zu machen.
Browser Fingerprints sind ein digitaler Fingerabdruck der eigenen Systemkonfiguration, die Besucher*Innen eindeutig identifizierbar werden lassen. Mit Hilfe der Werkzeuge Panopticlick und HTML5 Canvas Fingerprinting kann überprüft werden, wie eindeutig der Fingerabdruck er eigenen Konfiguration ist. Selbst mit dem Verzicht auf JavaScript lässt sich der Fingerabdruck nicht vollkommen vermeiden, wird aber deutlich schwieriger einer Nutzer*In zuordenbar.
Ziel dieser Sammlung von Informationen ist die Identifikation von einzelnen Nutzer*Innen oder deren Zuordnung zu Gruppen mit Hilfe von Klassifizierungen. Dabei werden individuelle und gruppenbezogene Eigenschaften aber auch Vorlieben und Verhaltensweisen korreliert.
Im Laufe der Zeit werden diese Informationen mit Hilfe komplexen Analyseverfahren (Big-Data-Analysis) unter Verwendung statistischer und algorithmischer Methoden zu Profilen verdichtet, die von Datenhändlern (data brookers) und Werbetreibenden als Verhaltensdossiers betrachtet und gehandelt werden. Auf deren Grundlage werden Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Handlungen in Vorhersagemodellen berechnet und Verhalten gezielt beeinflusst.
SSL und TLS
SSL bzw. TLS dienen als Standardverschlüsselung, die beim Abruf von Webseiten eingesetzt wird und deren Protokoll dabei als HTTPS abgekürzt ist. Die Verschlüsselung ist in einem komplexen Kommunikationsprotokoll realisiert das auf Zertifikaten basiert. Durch die Kettenstruktur der Zertifikate ist diese System jedoch mit einem Vertrauensdilemma belastet. 2014 sind darüber hinaus – nicht nur durch die Enthüllung von Edward Snowden – gravierenden Schwächen in einigen Versionen des Protokolls sowie deren Umsetzung in Browsern oder bestimmten VPNs bekannt geworden.
Höchste Sicherheit bietet derzeit das HTSTS Protokoll (Prefect Forward Secrecy) das einen aktuellen Browser und einen speziell angepassten Server des Anbieters erfordert. Viele Untersuchungen der jüngeren Zeit, zeigen, dass die Anbieter von Webseiten erschreckend schlecht konfigurierte SSL und TLS-Sicherheit anbieten. Zeitweilig war dies sogar beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik der Fall.
Die Achillesferse stellen bei SSL und TLS gesicherten Verbindungen die Zertifikate dar, die von sog. Trustcentern ausgestellt werden. In der Vergangenheit ist es gelungen dieses Modell anzugreifen, dass auf einigen wenigen sog. Rootzertifikaten basiert, die in der Zertifikatskette ganz oben stehen. Können diese manipuliert werden, bricht die Vertrauenswürdigkeit des ganzen Systems zusammen.
Root Zertifikate werden üblicherweise mit dem installierten Betriebssystem ausgeliefert. Unter dem Schlagwort Superfish ist bekannt geworden, dass es dubiosen Angreifern gelungen ist, mit einem vorinstallierten Windows-Betriebsystem ein spezielles Wurzelzertifikat auf Laptops zu verbreiten und damit die ganze Vertrauensarchitektur zu kompromittieren.
Die Überprüfung der Gültigkeit eines Serverzertifikates ist etwa beim Onlinebanking sinnvoll und erfolgt über einen Fingerabdruck der vorher über einen sicheren Kanal vom Anbieter der Seite mitgeteilt worden sein sollte.
Mit HTTP/2, dem Nachfolger des aktuellen Protokolls zur Übertragung von Webinhalten, soll die Übertragung beschleunigt und optimiert werden. HTTP/2 erfordert zwingend eine Transportverschlüsselung mittels TLS. Die Umsetzung der Transportverschlüsselung wird von Experten nicht nur positiv aufgenommen.
Anonymisierungs-/Pseudonomisierungsnetzwerk Tor
Tor gilt als das bekannteste Anonymisierungsnetzwerk. Ziel von Tor ist die Verschleierung von Datenspuren und Metadaten, die etwa beim Surfen im Internet anfallen. Technisch realisiert wird dies über das sog. Onion-Routing bei welchem der Datenverkehr ständig über verschiedene, zufällige Teilnehmer im Tornetzwerk geleitet wird (3 hops). Aufgrund dieses Aufwands eignet sich Tor nicht für die Übermittlung großer Datenmengen, die etwa beim Streaming von Medieninhalten oder Spielen anfallen. Auch die Nutzung des Bittorent-Protokolls zum Austausch von Daten führt mit Tor dazu, dass Nutzer enttarnt werden können. Theoretisch wird die Verfolgung des Netzwerkers dadurch erschwert. Jüngere Untersuchungen zeigen allerdings, dass statistische Analyseverfahren zur Deanonymisierung einzelner Teilnehmer des Tor-Netzwerkes leider immer besser geworden sind.
Nachrichtendienste betreiben zudem hohen Aufwand um Teile des Tornetzes, insbesondere die sog. Relays zu infiltrieren bzw. eigene Relays in das Tornetzwerk einzubringen, um Teilnehmer zu enttarnen.
Add-Ons, Tools
Für das Surfen im Netz empfehlen wir den OpenSource Browser Firefox. Einige Einstellungen und Addons ermöglichen eine bessere Kontrolle über die Verbreitung eigener Datenspuren bzw. deren Verhinderung, u. a.:
Self Destructing Cookies,
Random Agent Spoofer,
µMatrix (uMatrix).
Weiterführend oder alternaiv bieten sich Erweiterungen an wie:
µBlock Origin (statt µMatrix),
NoScript, (statt µMatrix oder µBlock Origin),
RequestPolicy, (zusätzlich).
Die Software BleachBit kann unter anderem auch zur Beseitigung von Cookies eingesetzt werden.
Tutorials und HowTos
How to harden your smartphone against stalkers – Android edition: Kontrollverlust über die eigenen Daten bei Android eindämmen.
How to harden your smartphone against stalkers – iPhone edition: Mein Phone, der Spion.
Hardening Android for Security and Privacy – Eine umfassende, leider sehr anspruchvolle Anleitung zum Rooten des Android-Phones, Vollverschlüsselung und Backup ohne Google sowie Problematisierung einiger Schwächen gängiger Android ROMs. Die Nennung einiger nützlicher Apps runden das Tutorial ab.
Security-in-a-Box bietet mit Mobile Security und Basic Security Setup for Android Devices einen Einstieg in die Thematik Sicherheit und Smartphones.
Einen sehr guten Überblick, der die Auswahl sicherer Messenger erleichtert, bietet die Secure Messaging Scorecard der Electronic Frontier Foundation.
Eine Übersicht zu Alternativen für verschlüsselten Versand und Empfang von Sofortnachrichten und E-Mails findet sich bei prism.break.org.
Empfehlenswerte Apps für Mobilgeräte
Prism.break.org listet eine Reihe von Apps, Diensten und Werkzeugen, für Android und iOS (iPhone, iPad) auf und legt dabei den Schwerpunkt auf quelloffene Angebote.
- Android/iOS: Signal – Verschlüsselter Messenger mit Ende-zu-Ende-Verschüsselung. Erlaubt auch verschlüsselte Telefonie (VoIP) zwischen zwei Teilnehmern.
- iOs: Focus blockiert nicht erwünschte Inhalte (Werbung, JavaScript, Viren/Würmer/Trojaner in Websiten) auf iPhones.
- Android/iOS: ChatSecure – Ermöglicht verschlüsselten Online-Chat (AppStore, PlayStore, FDroid)
- Android: Conversations – Ermöglicht verschlüsselten Online-Chat (PlayStore, FDroid)
- Android: ObscuraCamera – Kann Gesichter auf Fotografien unkenntlich machen.
- Android: Stagefright Detector – Prüft ob das eigene Smartphone/Anrdoid-Betriebssystem über die Stategfright-Sicherheitslücke angreifbar ist
- Android: Secure Update Scanner
- Andorid: Plumble – Mumble-Client für Andorid. Erlaubt verschlüsselte Internettelefonie (VoIP)
- Android: Offline Calendar – Erzeugt ein Fake-Google Account, so dass der Kalender ohne Synchronisation zu Google verwendet werden kann.
- Android: Xabber – Ermöglicht verschlüsselten Online-Chat
CryptoPhones
Ein CryptoPhone verspricht eine höhere Sicherheit für den Nutzer. Die Praxis zeigt, dass dies nicht immer der Fall sein muss.
Empfehlenswerte Chat- und Messenger-Programme für PCs und Laptops
Tox ist ein relative junger Instant-Messenger, der in Zukunft auch verschlüsselte Voice-Over-IP und Video-Chats erlauben soll. Derzeit existieren verschiedene grafische Clients: µTox (Windows, OSX, Linux), qTox (Windows, Mac OS X, Linux) und Toxy (Windows). Das Projekt Posion für den OSX-Client Posion bietet derzeit noch keine Installer (Binaries) zum Download an. Posion kann mit Homebrew kompiliert werden. Nutzer*Innen, denen das zu aufwendig ist können alternativ auf diese Installer zurückgreifen.
Mit der Chat-Anwendung Ricochet können Nuzter*Innen die Metadaten die bei der Ende-zu-Ende-verschlüsselten Kommunikation anfallen, verschleiern. Metadaten sind alle Informationen, die bei dem Austausch über digitale Netzwerke anfallen können: Kommunikationsdauer, Zeit des Verbindungsauf- und -abbaus, beteiligte IP-Adressen, Datenvolumen, Standortdaten, verwendete Protokolle usw. Die Verschleierung von Metadaten wird häufig mit dem Begriff der Anonymisierung in Verbindung gebracht.
CryptoCat hingegen ist seit längerem als Browser-Addon verfügbar und erlaubt Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sowie Gruppenchats.
Weiterführende Links
Einführungskurse zur Kryptografie bei tele-TASK und als Online-Kurs von Christof Paar und Jan Pelzl.
Explain Like I’m Five: How Does Off-The-Record Encryption Work?
OTR im XMPP-Wiki.
Off-the-Record Messaging: Useful Security and Privacy for IM. YouTube-Video. Vortrag vom Ian Goldberg Jahr aus dem Jahr 2007 für das Stanford University Computer Systems Colloquium.
A User Study of Off-the-Record Messaging (PDF). Studie aus dem Jahr 2008 über die Nutzung des OTR Protokolls mit Pidgin und einer Empfehlung, wie die Schwächen in der Benutzerführung und Verwendbarkeit (Usability) gefixt werden können.
Weiterführende Links
Einführungskurse zur Kryptografie bei tele-TASK und als Online-Kurs von Christof Paar und Jan Pelzl.
Das CrypTool-Portal ermöglicht jedermann einen einfachen Zugang zu Verschlüsselungs-Techniken. Alle Lernprogramme im CT-Projekt sind Open-Source, kostenlos und (auch) in deutsch. Das CrypTool-Projekt entwickelt die weltweit am meisten verbreitete E-Learning-Software für Kryptographie und Kryptoanalyse.
Ein ausführliches Skript zu den mathematischen Hintergründen findet sich hier.
Handbuch der angewandten Kryptografie (orig. “Handbook of Applied Cryptography”):
Offizielle Download-Seite für die einzelnen englischen Kapitel zur privaten Verwendung.